Eine Katze entsteht

Nachdem ich während der Webpublisher-Ausbildung an der EB Zürich (Frühling 2002 bis Frühling 2003) kaum zum Modellieren gekommen bin, geniesse ich es umso mehr, mir dafür wieder Zeit nehmen zu können!

Besonders fasziniert bin ich von Katzen, die mit Eleganz, Kraft, Beweglichkeit und – menschlich betrachtet – mit beneidenswerter Souveränität durchs Leben gehen. Diese Faszination teile ich übrigens mit vielen andern, Katzen werden im Atelier immer wieder modelliert.

Faszinierend ist auch der Entstehungsprozess einer Skulptur. Wo zuerst ein unförmiger Tonklumpen ist, gewinnt eine Idee mehr und mehr Form. Selten gelingt es mir, meine Vorstellungen vollständig in die Realität umzusetzen. Und manchmal wandeln sich die Vorstellungen während der Arbeit am realen Objekt…

Das erste Bild (leider schon sehr alt und sehr klein) zeigt die Katze nach 2 Tagen Arbeit (je etwa 3 Stunden), das zweite nach dem dritten Tag. An einem vierten Tag arbeitete ich nur noch an Kleinigkeiten und gab der Oberfläche etwas Struktur.

Tag 1

Eine Arbeit ist fertig geworden, ich fange wieder etwas an, ich habe mich also für eine Katze entschieden. Auch für dieses Büsi habe ich wieder zum weissen Chamottenton gegriffen, der mir so gut gefällt; ungebrannt ist er grau.

Natürlich muss es etwas Besonderes geben an dieser Katze, die werden soll, denn es sind ja schon so viel Katzen modelliert worden. Bei der letzten war es die Drehung zur Seite mitten in der Bewegung. Diese soll sich das Maul abschlecken…

Am Anfang braucht es „grobes Handwerk“, Ton hinzu, Ton weg, bis die ungefähre Ahnung entsteht, dass es eine Katze werden soll. Zu Beginn komme ich immer schnell vorwärts, und obwohl die Form noch alles andere als perfekt ist, habe ich Freude an dieser ersten Phase. Ich kann es meistens nicht lassen, bereits ein wenig ins Detail zu gehen, kaum ist eine grobe Form gefunden.

Am Ende des ersten Arbeitstages (ca. 3 Stunden) steht ganz klar eine Katze da, wenn auch noch etwas steif. (Bild 3)

Tag 2

An diesem Tag suche ich die richtigen Proportionen und Formen. Wie sehen die Hinterbeine einer Katze aus? Welche Grösse hat der Kopf im Vergleich zum Körper, wie lang ist der Hals? Genaues Hinsehen ist gefragt, die Vorbilder nehme ich aus Büchern.

Dass es mir gelingt von zweidimensionalen Bildern aus Büchern etwas Dreidimensionales zu machen, wundert manche etwas – mich selbst auch. Aus der Erinnerung von Augen und Händen und aus dem genauen Beobachten und Suchen heraus, finde ich die Form, die ich suche – wenigstens annähernd. Wie beim Computer mache ich viel mit „Try and Error“, probieren, korrigieren… Von daher wäre Bildhauerei nichts für mich!

Der Schwanz fehlt der Katze übrigens, weil der zu schnell austrocknen würde. Auch die Ohren sind mehr „angedeutet“, weil sie für das Finden der Kopfform wichtig sind. (Bild 4)

Tag 3

Etwas zeitlicher Abstand tut gut, man schaut wieder neu und kritisch hin. Es hilft auch, zwischendurch ein paar Schritte zurückzutreten und das ganze anzuschauen statt nur das Detail, an dem man arbeitet. Die Beine musste ich länger machen, sie waren zu kurz. Das sieht man auf diesem Foto, das etwas von oben aufgenommen ist, nicht so gut.

Die Arbeit am Detail macht mir besonders Freude, aber dieses Mal denke ich zwischendurch, dass ich mir zuviel vorgenommen habe. Die Zunge und die Zähne wollen einfach nicht werden!

Den Tonklumpen unter dem Bauch braucht es übrigens immer noch. Die Plastik ist vollständig aus Ton, und der ist auch noch ziemlich feucht, das Ganze ist recht schwer. Später soll dann die Katze natürlich allein stehen. Möglich wird das durch den nächsten Arbeitsgang, der für AnfängerInnen ziemlich schmerzhaft ist. Ich freue mich inzwischen drauf, aber an diesem Tag komme ich nicht mehr dazu… (Bilder 5 und 6)

Tag 4

Als erstes schneide ich das Büsi an diesem Tag in drei Teile. Bis auf einen Rand von etwa 1,5 – 2 cm wird es ausgehöhlt, dadurch wird es natürlich viel leichter. Das kann man erst machen, wenn der Ton eine gewisse Festigkeit erreicht hat, man sagt dem „lederhart“. Dann verliert er die Form nicht mehr, auch unter dieser Beanspruchung. Aber auch nach dem Aushöhlen kann die Form wenn nötig noch verändert werden.

Nach dem Aushöhlen und Zusammensetzen kommt der letzte Schliff. Soll die Oberfläche rau werden oder möglichst fein? Letzteres widerspricht dem Charakter des Chamottentons eigentlich, aber manchmal können wir es doch nicht lassen. Das Baby brauchte das sogar, aber die Katze wird schöner mit einer etwas rauen Oberfläche.

Nach diesem Tag habe ich kein Foto gemacht. Ich dachte, soviel anders ist es ja nicht, aber es hätte sich vielleicht trotzdem gelohnt.

Das Aushöhlen muss übrigens sein, sonst würde die Plastik beim Brennen zerspringen! Auch ein Loch darf nicht vergessen werden, damit die Luft beim Erhitzen entweichen kann. Dieser Ton wird auf 1170° C erhitzt und dadurch besonders robust.

Vor dem Brennen muss die Plastik aber zuerst trocknen. Dies wird von Frau Steiner, in deren Atelier ich arbeite, überwacht. Wenn das Trocknen zu schnell geht oder wenn zu viel Luftlöcher darin sind, kann der Ton Risse bekommen.

Wenn die Pastik ganz trocken ist, ist sie extrem zerbrechlich, da darf sie dann nur noch ganz „süüferli“ angefasst werden. Vor allem exponierte Teile wie Schwanz und Ohren sind gefährdet. Nach dem Brand kühlt sie dann viele Stunden langsam ab, bevor sie aus dem Ofen genommen werden kann.

Beim Fotografieren der fertigen Plastik kam eine Nachbarin zu mir und meinte, jetzt habe sie grad gedacht, was denn das für ein neues Büsi sei – von weitem hatte sie gemeint, es sei eine lebendige Katze! Das ist vielleicht das schönste Kompliment, das ich schon bekommen habe…

Hier die fertig gebrannte Katze

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